Wildbrethygiene bei Drückjagden

Dr. Thomas Stegmanns, der Leiter des Veterinäramtes Stuttgart und selbst passionierter Jäger, gibt wertvolle Tipps, wie Bewegungsjagden lebensmittelhygienisch einwandfrei über die Bühne gehen.

Mit Beginn der herbstlichen Jagdzeit finden sich in allen Jagdzeitschriften Berichte, die sich mit der Durchführung von Bewegungsjagden beschäftigen. Das Themengebiet ist weit gespannt. Von der passenden Waffe, Optik und Munition über den optimalen Drückjagdsitz bis hin zur Ansprache des Jagdleiters wird eine Vielzahl von Themen dargestellt. Die Hinweise zur Wildbrethygiene bei Drückjagden erschöpfen sich leider bestenfalls in den Ratschlägen, dass man einen Metzger zur Jagd einladen sollte, damit ein hygienisches Aufbrechen gewährleistet ist. Dies ist umso bemerkenswerter, als gerade auf Bewegungsjagden erhebliche Probleme mit der Wildbrethygiene auftreten können.Dr. Thomas Stegmanns, der Leiter des Veterinäramtes Stuttgart und selbst passionierter Jäger, gibt wertvolle Tipps, wie Bewegungsjagden lebensmittelhygienisch einwandfrei über die Bühne gehen.

 

Veterinärmedizinische Autoren berichten unter der Überschrift „Drückjagd gleich Gammelfleisch“ über hygienische Probleme, deren sichtbarster Ausdruck darin liegt, dass bei Bewegungsjagden im Gegensatz zum Einzelansitz eine statistisch gesehen gleichmäßige Verteilung der Treffer über den ganzen Wildkörper festzustellen ist. Es wird konstatiert, dass das Aufbrechen erst Stunden nach dem Erlegen erfolgt und in vielen Fällen der Schütze, der das Stück erlegt hat, nicht seine Feststellungen hinsichtlich bedenklicher Merkmale an den Jäger übermittelt, der das Stück aufbricht.

Die aufgrund der Nachsucheerfordernissen oftmals geforderten zentralen Aufbrechplätze verfügen in vielen Fällen nicht über eine ausreichende Wasserzufuhr, die gewährleistet, dass sich das Aufbrechkommando bei Bedarf Hände und Arbeitsgerät reinigen kann. Die Aufzählung der Probleme kann noch fortgeführt werden. Aber anstatt Probleme zu beklagen, sollen Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Nachfolgend werden Hinweise gegeben, mit denen die Wildbrethygiene bei Drückjagden, bei denen i. d. R. mehrere Stück Schalenwild erlegt werden, verbessert werden kann.

 

Vor der Jagd

Bei der Planung der Bewegungsjagd müssen die Verfahren beim Aufbrechen und Vermarkten der Strecke bereits festgelegt werden. Folgende Fragen muss sich der Jagdleiter stellen und beantworten:

  • Wie soll aufgebrochen werden? Im Hängen oder auf einem Aufbrechbock? Wo bekommt man die benötigten Ausrüstungsgegenstände her?
  • Wer bricht auf? Der Schütze oder aber ein mit eingeladener Metzger? Wie ist in diesem Falle der Kontakt zwischen Erleger und Aufbrecher gewährleistet?
  • Welche Wasserversorgung kann und muss ich sicherstellen? Wo bekomme ich einen größeren Tank her? Ist es möglich, nicht nur Glühwein, sondern auch warmes Wasser zur Verfügung zu stellen? Kann man der Aufbrechmannschaft eine Flüssigseife und ein Handtuch zur Verfügung stellen, um Hände und Messer z. B. nach der Versorgung eines Pansenschusses reinigen zu können?
  • Wie wird das Wild zum zentralen Aufbrechplatz gebracht? Hat der Ansteller in seinem Pkw die erforderliche Transportkapazität, um mehrere Stück Schalenwild zu transportieren?
  • Über welchen Zeitraum erstrecken sich die einzelnen Treiben? Ist es gewährleistet, dass ein Stück Schalenwild spätestens nach zwei bis drei Stunden aufgebrochen ist?
  • Ist die Schießfertigkeit der Gäste gewährleistet? Muss man in der Einladung nicht nur auf die Art der Waffe, sondern auch auf das erforderliche Schießtraining hinweisen?
  • Ist die Lagerung und Kühlung des erlegten Wildes auch nach dem Verblasen der Strecke gewährleistet?
  • Ist die Entnahme von Trichinenproben und ggf. die tierärztliche Begutachtung bedenklicher Merkmale gewährleistet?
  • Wer ist die verantwortliche Person für die Einhaltung der Wildbrethygiene? Und gibt es für diese Person einen Ersatz, falls der Verantwortliche z. B. durch eine Nachsuche gebunden ist?
  • Falls eine größere Strecke erwartet wird, ist die Vermarktung gewährleistet?

Auf der Jagd

Bei der Ansprache des Jagdleiters vor Beginn der Jagd sollte auch auf die Frage der Wildbrethygiene und der Trichinenuntersuchung eingegangen werden. Die Schützen müssen wissen, wohin erlegtes Wild zu bringen ist und dass sie ein auffälliges, abnormes Verhalten des Wildes dem Verantwortlichen mitteilen müssen.

In den Vorgaben über die Art des erlegten Wildes sollten durchaus auch klare Aussagen über die Art des Erlegens gemacht werden, d. h. dass insbesondere bei Rehwild deutlich gemacht werden muss, dass in der Regel nur langsam ziehendes oder verhoffendes Rehwild sauber erlegt werden kann. Schüsse von hinten auf das Wild sollten grundsätzlich untersagt werden.

In diesem Zusammenhang hat es sich als außerordentlich verbessernd auf die Wildbrethygiene und Schussdisziplin ausgewirkt, wenn der Jagdleiter vor Beginn der Jagd festlegt, dass Wild mit schlechten Schüssen (Treffer im Gescheide bzw. auf der Keule) vom Erleger zum Tagespreis erworben werden muss.

Je nach örtlichen Gegebenheiten und unter Beachtung der erforderlichen Sicherheit kann festgelegt werden, dass Treiber insbesondere schweres Wild lüften können bzw. dass der Schütze unter strengster Beachtung der Sicherheit Wild, das in Sichtweite verendet, bergen und ggf. versorgen kann.

 

Nach der Jagd

Um eventuell aufgetretene Probleme im Hinblick auf die Wildbrethygiene nach der Jagd im erträglichen Rahmen zu halten, sind folgende Maßnahmen erforderlich:

Das angelieferte erlegte Wild ist sofort aufzubrechen und so zu lagern, dass es nach dem Aufbrechen auskühlen kann. Dazu kann es entweder mit der geöffneten Bauchdecke nach oben oder nach dem Aufbrechen hängend gelagert werden. Zum Verblasen und Vermelden der Strecke kann das Wild anschließend brauchtumsgerecht auf die Strecke gelegt werden.

Beim Feststellen von bedenklichen Merkmalen während des Aufbrechens ist sicher zu stellen, dass die zum Tierkörper gehörigen Organe entsprechend gekennzeichnet und dem Tierkörper zugeordnet werden, um einem amtlichen Tierarzt eine korrekte Fleischuntersuchung zu ermöglichen. Schlecht geschossene Stücke sollten großzügig ausgeschnitten werden. Es sollte selbstverständlich sein, dass das aufgebrochene Wild nicht von Hunden angeschnitten oder beleckt wird.

Nach Beendigung der Jagd ist auch eine hygienische Weiterbehandlung des Wildes sicher zu stellen. Dies bedeutet, dass bei dem Transport auf kleinen Hängern das Wild nicht in Dreier- und Viererreihen hochgestapelt werden darf. Die Kontamination des durch das Aufbrechen freiliegenden Fleisches der Keulen und des Bauches durch darüber gestapeltes Wild ist unbedingt zu vermeiden.

Bei der anschließenden Kühlung des Wildes ist zu beachten, dass es der Wildbrethygiene nicht zuträglich ist, wenn eine Kühlzelle mit einer zu großen Anzahl von Wild beschickt wird. Eine Vorkühlung des Wildes außerhalb der Kühlzelle ist einem „Vollstopfen“ der Kühlzelle mit noch warmen Wildtierkörpern deutlich vorzuziehen.

Nicht zuletzt sollte der Jagdleiter bei seiner Ansprache zum Abschluss der Jagd auch auf die Wildbrethygiene eingehen und dabei positive Ereignisse ebenso wie zu beanstandende Ergebnisse, wie z. B. schlechte Schüsse, darstellen. In diesem Rahmen sollte auch – soweit bereits bekannt – informiert werden, wann das Ergebnis der Trichinenuntersuchung beim erlegten Schwarzwild abgerufen werden kann.

Dr. Thomas Stegmanns

 

Quelle: www.landesjagdverband.de